Würzburg in 15 Minuten

Im Frühjahr hat Julian Nöth seine Bachelorarbeit begonnen:
Die 15-Minuten-Stadt: Ein Konzept der Zukunft?

Die Ergebnisse findet Ihr hier:
https://arcg.is/0reqCW3

Ein Gastbeitrag von Julian Nöth:
Die zunehmende Urbanisierung, die Verkehrsbelastung und der Klimawandel stellen die größten Herausforderungen der Menschheit im 21. Jahrhundert dar. Doch wie kann man sich diesen Herausforderungen stellen?
Das Konzept der 15-Minuten-Stadt nach Carlos Moreno finde ich besonders spannend, da es verspricht, städtisches Leben, Nachhaltigkeit und soziale Teilhabe miteinander zu verbinden. Im Rahmen meiner Bachelorarbeit für den Studiengang Geovisualisierung habe ich das Konzept genauer unter die Lupe genommen und habe mir angeschaut, wie nahe die Stadt Würzburg diesem Ideal kommt und wo noch Luft nach oben ist.
Mein Ansatz war es, auf Basis von Open-source Daten einen GIS-Workflow auszuarbeiten, welcher überall auf der Welt für die Analyse einer Stadt angewendet werden kann. So habe ich mithilfe von GIS-Analysen und Geodaten ermittelt, wie gut alle Stadtteile, aber auch die einzelnen Wohngebäude an die zentralen Alltagsbedürfnisse der Bewohner angebunden sind. Die Alltagsbedürfnisse erstrecken sich hierbei von Fachärzten, Supermärkten und Schwimmgelegenheiten bis hin zu Grünflächen und Kulturangeboten.
Dabei habe ich nicht die Entfernung per Luftlinie betrachtet, sondern die tatsächlich zurückzulegende Distanz entlang der Straßen und Wege untersucht. Das ganze unter Berücksichtigung der Steigung und deren direkten Einfluss auf die Gehgeschwindigkeiten für zwei unterschiedliche Anwohnergruppen mit unterschiedlichen Ausgangsgeschwindigkeiten, zum einen für Kinder & Senioren und zum anderen für junge Erwachsene.
Die Ergebnisse sind wirklich spannend, junge Erwachsene erleben Würzburg im Durchschnitt als „12-Minuten-Stadt“ doch für Kinder & Senioren braucht es in Würzburg durchschnittlich ganze 17 Minuten zu Fuß.


Erreichbarkeitsgebiete in unter 15 Minuten und in Ø unter 15 Minuten für beide Untersuchungsgruppen

Besonders die zentralen Stadtgebiete sind super angebunden, während die Randbezirke mit Versorgungslücken kämpfen. Auffällig ist der Zusammenhang zwischen der PKW-Dichte der einzelnen Haushalte und der Gehzeit zu den untersuchten Dienstleistungen. Je weiter die Wege, desto häufiger haben die Anwohner ein Auto vor der Tür stehen.

Wie meine Analyse zeigt, ist Würzburg in Sachen Nahversorgung und Freizeiteinrichtungen auf einem guten Weg, gerade als Oberzentrum Unterfrankens mit ambitionierten Klimazielen. Wenn man genauer hinsieht, offenbaren sich für Politik, Verwaltung und Bürger noch große Potenziale beispielsweise durch die Schaffung wohnortnaher Gesundheitseinrichtungen.
Die 15-Minuten-Stadt ist mehr als ein neumodisches städtebauliches Buzzword. Es bietet eine Möglichkeit Stärken und Schwächen innerhalb eines Stadtgebietes offenzulegen, die Lebensqualität der Bewohner deutlich zu steigern und dabei gleichzeitig nachhaltig und klimafreundlich zu agieren. Vorausgesetzt wir sorgen für valide Daten, differenzierte Analysen und ziehen die betroffenen Bewohner aktiv mit ein. Nur durch Akzeptanz innerhalb der Einwohner kann Veränderung gelingen. Würzburg ist auf dem Weg, aber wir haben noch eine lange Reise vor uns.


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